Der kühlende Effekt künstlicher Bewässerung

Dass landwirtschaftliche Bew?sserung das Klima in mehreren Weltregionen beeinflusst, ist gemeinhin bekannt. Eine neue Studie zeigt nun aber, dass Bew?sserung bei Klimaextremen besonders stark k¨¹hlend wirkt.

Vergr?sserte Ansicht: Ackerflächen
Farm in der arabischen W¨¹ste. (Foto: Nullplus / iStock)

K¨¹nstliche Bew?sserung h?lt die globale Nahrungsmittelproduktion am Laufen und ist essentiell f¨¹r die Volkswirtschaft zahlreicher Regionen. Obwohl nur etwa 2 Prozent der Landoberfl?che der Erde bew?ssert werden, stammen ¨¹ber 40 Prozent der weltweiten Nahrungsmittelproduktion aus diesen Gebieten. Um die wachsende Nachfrage nach Nahrung zu decken, sind die Bew?sserungsmengen im Laufe des vergangenen Jahrhunderts rasch angestiegen, von einem gesch?tzten Gesamtvolumen von rund 500 km3 pro Jahr zu Beginn des 20. Jahrhunderts auf j?hrlich 2¡¯200¨C3¡¯000 km3 um das Jahr 2000.

Effekt auf das Klima

Vergr?sserte Ansicht: Landwirtschaftliches Gerät
Ackerland in trockenen Regionen braucht viel Wasser, was handkehrum das Klima beeinflusst. (Foto: Celso Diniz / Colourbox)

Bew?sserung erh?ht nicht nur die landwirtschaftlichen Ertr?ge, sondern beeinflusst auch das Klima, in der Regel in Form eines k¨¹hlenden Effekts. Die Wirkung ist allerdings geografisch beschr?nkt und meist eher klein. Die K¨¹hlung erfolgt, weil die auf dem bew?sserten Boden ankommende Sonnenenergie das Wasser verdampft, anstatt die Luft ¨¹ber dem Feld aufzuheizen. Dar¨¹ber hinaus kann Bew?sserung auch Niederschlagsmuster ver?ndern: In Indien beispielsweise f¨¹hrt diese Praxis vermutlich zu weniger Regen [1]. Bislang unbekannt blieb jedoch, wie k¨¹nstliche Bew?sserung Klimaextreme beeinflusst.

In einer neuen Studie [2] haben wir ¨C Forschende der ETH Z¨¹rich und der Freien Universit?t Br¨¹ssel ¨C diesen Aspekt untersucht. Gemeinsam mit dem amerikanischen National Center for Atmospheric Research (NCAR) in Boulder (Colorado) haben wir eine Reihe von Klimasimulationen mit einem ausgefeilten Computermodell durchgef¨¹hrt. Diese zeigen, dass k¨¹nstliche Bew?sserung einen besonders grossen Einfluss auf Temperaturextreme hat. Speziell stark ist der K¨¹hleffekt am heissesten Tag im Jahr (¨C 0,78 ¡ãC gemittelt ¨¹ber bew?ssertem Land, siehe Abbildung).

Extreme abgefedert

Es gibt zwei Gr¨¹nde, weshalb k¨¹nstliche Bew?sserung sich st?rker auf Extreme auswirkt als auf das mittlere Klima. Zun?chst bew?ssern die Landwirte meistens dann, wenn es heiss und trocken ist ¨C der Effekt ist also w?hrend diesen Zeitr?umen offensichtlich gr?sser. Der zweite Grund ist etwas subtiler: Die Weltregionen, in denen Menschen k¨¹nstlich bew?ssern, sind typischerweise auch diejenigen, in denen Temperaturschwankungen sehr empfindlich von der Wassermenge im Boden abh?ngen. Diese Regionen sind nicht per se trocken oder feucht, sondern irgendwo dazwischen (sogenannte ??bergangsregionen? [3]). F¨¹hrt man den B?den nun systematisch Wasser zu, macht das diese Regionen weniger anf?llig f¨¹r die Launen des Klimas.

Vergr?sserte Ansicht: Weltkarte
Die Karte zeigt den Einfluss der Bew?sserung auf die Tagestemperaturen am heissesten Tag des Jahres (Temperatur?nderung in Grad Celsius). (Grafik: ETH Z¨¹rich / Wim Thiery)

Regionale Erw?rmungstrends verdeckt?

Unsere Ergebnisse deuten also darauf hin, dass sich k¨¹nstliche Bew?sserung besonders stark auf Klimaextreme auswirkt. Dies ist f¨¹r das Verst?ndnis von vergangenen und m?glichen zuk¨¹nftigen Klima?nderungen bedeutend, nicht zuletzt darum, weil sich die meisten bisherigen Forschungsarbeiten in diesem Gebiet ausschliesslich dem Einfluss auf das mittlere Klima gewidmet haben. Der ausgepr?gte Effekt deutet zudem darauf hin, dass die Bew?sserung in einigen Regionen der Welt m?glicherweise Erw?rmungstrends verdeckt hat. Im n?chsten Schritt wollen wir nun pr¨¹fen, ob diese Art von K¨¹hlung die CO2-induzierte Erw?rmung teilweise kompensiert hat.

Wasserk¨¹hlung hier, Wasserknappheit da

Vergr?sserte Ansicht: Wassersprinkler
Macht das Sinn? Bew?sserung in der Ad-Dahna-W¨¹ste, Saudi-Arabien. (Foto: Andreas Kallioras / Imaggeo)

Sollten wir also die gesamte Landmasse bew?ssern, um die negativen Folgen der globalen Erw?rmung abzuschw?chen? Diese Idee mag angesichts der oben angestellten ?berlegungen attraktiv erscheinen, aber daf¨¹r haben wir wohl nicht gen¨¹gend Wasser.

In Indien etwa ist k¨¹nstliche Bew?sserung meist w?hrend den heissen und trockenen Fr¨¹hlingsmonaten erforderlich. In dieser Jahreszeit werden die Fl¨¹sse vom Schmelzwasser aus dem Himalaya gespeist, so dass Wasser zur Bew?sserung verf¨¹gbar ist. Rund ums Mittelmeer hingegen wird landwirtschaftliche Bew?sserung am dringendsten in den heissen Sommermonaten ben?tigt ¡ª und dies ist nat¨¹rlich auch jene Zeit des Jahres, in welcher die Fl¨¹sse beinahe trocken sind. Gem?ss unseren Simulationen brauchen wir im Mittelmeerraum bereits heute f¨¹nfmal mehr Wasser f¨¹r Bew?sserungszwecke als aus Fl¨¹ssen nutzbar ist.

Da der Mittelmeerraum zusehends trockener wird, steht in Zukunft noch weniger Wasser bereit. Wenn wir also davon ausgehen, dass sich die k¨¹nstliche Bew?sserung bereits heute nicht aufrecht erhalten l?sst, dann ist k¨¹nftig sogar eine beschleunigte Erw?rmung zu erwarten.

Weiterf¨¹hrende Informationen

[1] Matthieu Guimberteau, Katia Laval, Alain Perrier, and Jan Polcher, Global effect of irrigation and its impact on the onset of the Indian summer monsoon, Climate Dynamics, 39, 1329-1348, 2012.

Michael .J. Puma and Benjamin I. Cook, Effects of irrigation on global climate during the 20th century, Journal of Geophysical Research ¨C Atmospheres, 115, 2010.

[2] Wim Thiery, Edouard L. Davin, Dave Lawrence, Annette L. Hirsch, Mathias Hauser, and Sonia I. Seneviratne, Present-day irrigation mitigates heat extremes, Journal of Geophysical Research ¨C Atmospheres, 122, 2017. http://onlinelibrary.wiley.com/doi/10.1002/2016JD025740/full.

[3] Sonia I. Seneviratne, Thierry Corti, Edouard L. Davin, Martin Hirschi, Eric B. Jaeger, Irene Lehner, Boris Orlowsky, Adriaan J. Teuling, Investigating soil moisture-climate interactions in a changing climate: A review, Earth Science Reviews, 99, 125-161, 2010.

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Wim Thiery
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